© Thomas Schneider  originalundmodell.de  2014    V1.12

SPECIAL HOBBY

Eine Firma im Aufbruch

www.specialhobby.eu

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Diese Seite beinhaltet folgende Themen: Aktuelle Luftfahrzeuge Museumsexponate Kurioses für den Modellbauer Im Detail (walk arround)
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unterwegs
Von Konrad Schmittlein
Aus MPM Production wird Special Hobby
Schon lange schlummerte in meinem Hinterkopf der Wunsch die Firma Special Hobby, die unser Hobby immer wieder mit interessanten Modellen und Zubehörprodukten belebt, kennen zu lernen. Umso erfreuter waren Thomas Schneider und ich, als sich in einem Messegespräch für originalundmodell.de die Möglichkeit ergab, einen Besuch mit einem Firmenportrait zu verbinden. Am Freitag, den 10. April, machten wir uns auf den Weg nach Tschechien, genauer gesagt, nach Horní Počernice, einem Stadtteil im Nordosten von Prag. Nach dreistündiger Fahrt standen wir etwas verdutzt vor der Firma Special Hobby, einem im Geviert angelegten Gebäudekomplex, wo wir bereits von Peter Herrmann, dem Marketingchef, erwartet wurden.
Schon auf dem Weg zu und in Peters Büro war klar, dass es hier um Modellbau und nur um Modellbau ging. Wohin der Blick auch fiel, fanden sich Vitrinen mit Schaumodellen oder Regale mit Luftfahrtliteratur und verschiedensten Bausätzen, die die Arbeitsplätze umgaben.  Bei Kaffee und Gebäck erläuterte uns Peter das Besuchsprogramm und wir waren mehr als erfreut, dass wir unter anderem auch in den Bereich der Produktentwicklung Einblick erhalten sollten. Und so war es zu verschmerzen, dass wir den Inhaber, Herrn Jiri Silhanek, der terminlich verhindert war, nicht persönlich interviewen konnten. Unsere Fragen beantwortete er aber per elektronischer Post.
Oben: Spielwarenmesse Nürnberg 2015 mit Überreichung einer Auszeichnung für innovative Produktentwicklung. Von links: Marketingchef Peter Herrmann, Volker Helms IPMS Germany und Firmengründer Jiri Silhanek.
An der ersten Station erwartete uns schon Herr Alfred Riedel, Leiter der Produktentwicklung. An mehreren Computerarbeitsplätzen entstehen hier von der Konstruktion über die Bauanleitung bis zu den Abziehbild- zeichnungen alle wesentlichen Elemente, die letztendlich den kompletten Bausatz umfassen. Aber hier herrscht nicht nur moderne CAD-Technologie, sondern auch der traditionelle Urmodellbau hat noch seinen Platz. Besonders faszinierend war es hier, einem Urmodellbauer, der mit den letzten Feinheiten des Urmodells der 32er Hawker Tempest beschäftigt war, über die Schulter schauen zu können. Auch der Firmenchef besitzt hier noch seinen Arbeitsplatz, an dem er, wie uns versichert wurde, modellbautechnisch entspannt, wenn das der Geschäftsbetrieb zulässt.
Alfred Riedel, Leiter der Produktentwicklung (links) mit Peter Herrmann, Spielwarenmesse 2015
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Auf dem Weg zur Fertigung konnten wir in einem eigenen Raum vier computergestützte Fräsen bei der Erstellung von Aluformen begutachten. Das war insofern beindruckend, da keine Personen anwesend waren, sondern nur das sonore Geräusch der Fräsköpfe wahrzunehmen war, die sich, wie von Geisterhand bewegt, ihren Weg durch das Alumaterial bahnten. In einem Gebäudeteil im Erdgeschoß erfolgt das Spritzen der Bausätze durch maximal 6 Spritzgussmaschinen, von denen 2 modernsten Standards entsprechen. In einem angrenzenden Raum, der sogenannten „Schatzkammer“, befindet sich der Werkzeug- bzw. Formenfundus der Firma, dessen Wert sich nach Aussage von Peter im Millionenbereich bewegt.
Aufgelockert wird diese eher sterile Maschinenwelt durch Sammlerstücke des Chefs, wie Luftschraubenblätter, Pilotensitze und vieles mehr.
Nach einem Rundgang durch das erstaunlich große Waren- und Auslieferungslager konnten wir uns in ei- nem nahegelegenen Gasthaus mit hervorragender tschechischer Küche und Bier für den 2.Teil des Be- suches stärken. Bevor es im Besuchsprogramm weiterging, gewährte uns Herr Riedel zu unserer Überraschung einen Einblick in die in Planung bzw. Entwicklung  befindlichen Projekte. Nach einem sicher nicht unbeabsichtigten und kritischen Meinungsaustausch ging es in gehobener Stimmung zur „Giftküche“ bzw. Resinfertigung, die ebenfalls komplett in einem eigenen Gebäudetrakt untergebracht ist. Das heißt genau, dass hier außer dem Resindruckguss auch die Entformung, die Sortierung, die Verpackung und Lagerung der Resinprodukte effizient zusammengefasst ist.
Auf dem Rückweg zu Peters Büro konnten wir uns noch ein Bild des E-Shops und der Rechnungslegung machen und hier wurde letztendlich deutlich, dass die Firma mit einer Produktpalette von ca. 2500 Artikeln räumlich an ihre Grenzen stößt. Im Konferenzraum ließen wir uns sichtlich beeindruckt von dem gesehenen Potential und dem insgesamt inspirierenden Besuch in gemütlichen First-Class-Sitzen einer Tupolew nieder um den Tag im gegenseitigen Gedankenaustausch ausklingen zu lassen. Obwohl wir bereits mit Ein- drücken aller Art überfrachtet waren, ließ die Aussage von Peter Herrmann, dass man bis zum Herbst das gesamte Computersystem mit der entsprechenden Investition auf den neuesten Stand gebracht haben will, so etwas wie Aufbruchsstimmung spüren. Damit waren für uns vorerst alle Fragen bis auf die nach der Firmen- geschichte beantwortet. Dafür sorgte aber das bereits angesprochene Inter- view mit dem Firmeninhaber, Herrn Silhanek.
Herr Silhanek: Wann haben Sie mit dem Modellbau begonnen und was war Ihr erstes Modell? “Mit dem Plastikmodellbau begann ich im Alter von 13 Jahren. Mein erstes selbst gebautes Modell war eine Spad VII von Airfix in1:72. Gleich darauf baute ich eine Me 109 G auch von Airfix in 1:72.“ Was hat Sie veranlasst, Modellbau zum Beruf zu machen? “Der Weg vom Modellbau zum Beruf ist im Zusammenspiel von mehreren Umständen zu sehen. Auf dem Markt gab es nicht viele Modelle und für Modellbauer in der damals kommunistischen Tschechoslowakei waren die westlichen Modelle wegen dem Eisernen Vorhang so gut wie unerreichbar. Demzufolge musste man kreativ werden, wenn man ein Modell eines bestimmten Originals haben wollte. So schnitzte ich aus Lindenholz zwei Mastermodelle, die Bolchvitinov Bi-1 und die Jak-23, die ich dann abformte und in Resin goss. Anschließend sandte ich einige kommentierte Fotos an ein ausländisches Modellbaumagazin. Darauf folgten so viele Briefe und Anfragen, dass ich mich entschloss, die erste Serienfertigung in Resin zu starten. Es war also das erfreuliche Interesse anderer Modellbauer und die Freude über die gelungene Arbeit, die mich auf die professionelle Modellbauschiene führte.“ Wann und wie fand die Firmengründung statt? “Offiziell wurde die Firma 1989 gegründet, als das die Umstände nach dem politischen Kurswechsel in Tschechien zuließen. Inoffiziell existiert die Firma seit ca. 1978. Ich betrieb also eine illegale Tätigkeit, was nicht immer einfach war, da Westkontakte als mögliche Spionage oder staatsfeindliche Tätigkeit betrachtet wurden, die wiederum Konsequenzen haben konnten, die niemandem auf der Welt Freude gemacht hätten.”
Wie groß ist die Firma heute? “Die Gebäude umfassen 1400 m² und derzeit arbeiten wir mit 35 Festangestellten. Wie Sie aber gesehen haben, platzen wir aus allen Nähten und deshalb sind wir schon seit längerer Zeit bestrebt, eine modernere und größere Produktionsstätte zu beziehen.” Wo liegt der Hauptabsatzmarkt von Special Hobby? “Eine eindeutige Zuordnung ist hier nicht möglich, denn jeder Markt ist wichtig. Eine bedeutende Rolle spielen aber sicher die Märkte der USA, Großbritanniens und Japans.” Welche Bedeutung hat Rapid Prototyping für den Modellbau der Zukunft? “Diese 3D-Druck-Technologie bedeutet zweierlei. Zum einen lässt sich ein höheres Level an Qualität und Genauigkeit erreichen, zum anderen  bedeutet es eine Preissteigerung, da sich Qualitätserhöhung und Beschaffungskosten im Preis niederschlagen. Zudem sind die Betriebskosten nicht unerheblich.” Wie sehen Sie die Zukunft des Modellbaus? “Da ich schon immer Optimist war, bleibe ich das auch künftig und daher bin ich überzeugt, dass aktive und flexible Firmen, die auf die Nachfrage entsprechend reagieren können und ein interessantes Sortiment führen, immer ihre Kunden und Fans haben werden.”
Aus dem Firmenrundgang, den Ausführungen der Herren Silhanek und  Herrmann, sowie nicht zuletzt aus der gerade erst vollzogenen Umfirmierung von MPM zu Special Hobby, kann man entnehmen, dass bei diesem Hersteller die Zeichen der Zeit richtig gedeutet werden und man gewillt ist, hier sowohl technisch wie marktwirtschaftlich zu reagieren und das bereits vorhandene Potential zu optimieren und so den künftigen Anforderungen anzupassen. Für den äußerst interessanten Tag bedanken wir uns recht herzlich bei Herrn Silhanek, Herrn Peter Herrmann und Herrn Alfred Riedel und wünschen Ihnen und allen Angestellten den größtmöglichen Erfolg. Konrad Schmittlein Mai 2015
Originalteile als Vorlage ermöglichen natürlich ein bestmögliches Umsetzen im Modell.
Einblicke in einen Teil des riesigen Warenlagers.
Text: Konrad Schmittlein Bilder: Thomas Schneider Bilder Messe: Special Hobby